Ich
höre als Erstes die klaren, kräftigen und etwas wehmütigen
Flötentöne der Mönchsgrausmücke, als
ich am Freitag, dem 13.05.2005 gegen 5:00 Uhr früh aufwache.
Es ist mein vorletzter Tag hier in Robun, morgen geht es nach einer
Woche Urlaub wieder nach Hause. Ich mache die Eingangstür von
unserem alten Haus auf und schaue schnell nach rechts. Wie jeden
Tag läuft auch heute das selbe Ritual ab - die Singdrossel
verlässt lautlos ihr Nest (Foto) und fliegt Richtung Wald,
um nach einer Runde wieder unbemerkt zu ihren 6 blauschwarzen Eiern
zurückzukehren.
Da ist die Mönchsgrausmücke, die gerade mal 50 cm über
dem Boden in einem Zwergbuchsbaum nistest (Foto), viel weniger ängstlich.
Man kann sogar in das Nest hineinschauen und ihre rotbraune Kappe
und die kleinen, etwas ängstlich schauenden Augen sehen, ohne
dass sie gleich wegfliegt. Auch sie hat 6 Eier, allerdings gelbbraun
und viel kleiner als die der Singdrossel.
Ich gehe auch noch zur der etwas 2.5 Meter hohen Schwarzkiefer gleich
neben dem Hof-Eingangstor und kontrolliere, ob das darin gut versteckte
Nest auch noch besetzt ist. Ja, der lange Schwanz des Buchfink-Weibchens
ist da.
Auf einmal erschrickt mich , wie jeden Morgen, der Kiebitz
(Foto) mit seinem lauten: "kschääh-widdleWIPP,i-WIPP
i-WIPP2, ich schau nach oben und bewundere seinen akrobatischen
Balzflug. Heute sind es sogar 3 Exemplare. Etwa zwei Mänchen,
die um ein Weibchen werben? Oder umgekehrt?
"Kuckuck, kuckuck" - kommt's aus dem Wald. Na ja, nicht
ganz aus dem Wald aber die Richtung stimmt schon, er sitzt, wie
immer oben auf der Stromleitung (Foto), etwa in der Mitte zwischen
unserem Haus und dem Wald.
Da fehlt aber noch jemand, denke ich fast enttäuchst, im selben
Augenblick meldet sich aber auch der Pirol mit seiner schönen,
kräftigen und unverwechselbaren, flötenartigen Stimme:
"fo FLÜH-füo".
Ich gehe auf unsere "Luxus-Toillette" hinter dem Haus
und nehme wie fast immer das Fernglas mit, da es von dort aus auch
oft etwas Interessantes zu sehen gibt. Heute ist es zum Beispiel
ein seltener Gast - der Bluthänfling (oder ist es der
Karmingimpel?), ausserdem die alten Bekannten - ein Grünfink,
die beiden Kohlmeisen und ein "Stieglitz-Ehepaar".
Zurück
im Haus (Foto oben) trinke ich meinen Kaffe, esse schnell eine Kleinigkeit,
ziehe mich warm an (heute sind es gerade mal 4 Grad draussen) und
gehe wie jeden Morgen mit Fernglas, Digitalkamera und einem kleinen
Klapp-Hocker in den Wald. Vorher aber noch ein kurzer Besuch bei
unserem kleinen "Hausteich" (Foto unten) - zu klein für
einen Rohrsänger aber gross genug für ein Rohrammer-Pärchen
(Foto), das hier offenbar, gut verstekt im Schilf, ihren Nachwuchs
brütet. Und der Neuntöter (Foto) ist heute auch
da. Er muss in dem dornigen Gebüsch auf dem kleinen Hügel
hinter dem Teich (im Foto unten rechts) sein Nest haben, ich konnte
es aber beim zugegebenermassen nicht sehr gründlichen Suchen
nicht finden.
Ich gehe über eine Wiese Richtung Wald, "Tsche, Tsche"
- höre ich auf einmal von oben. Aha, der Raubwürger
(Foto) ist auch da. Er sitzt oben auf der Stromleitung (derselben,
auf der auch der Kuckuck immer rastet) und lässt sich von mir
noch fotografieren. Als ich aber versuche, näher zu kommen,
fliegt er weg Richtung "sein" Gebüsch auf einem anderen,
kleinen Hügel (im Foto ganz oben hinter dem Teich und vor dem
Wald). Dort haben wir schon als Kinder gespielt, damals waren, scheint
es mir, die Sträucher aber etwas kleiner. Kein Wunder, schliesslich
ist das schon ca. 30 - 40 Jahre her. Er ist also weg und ich kann
wieder nicht die Frage sofort klären, ob es nicht gar ein Scharzstrirnwürger
war. Das Foto ist nicht besonders gut geworden, so muss die Frage
wohl (vorerst) offen bleiben.
Nach ca. 200 Metern bin ich im Wald angekommen. Hier begrüsst
mich ein Gemisch aus Stimmen, dass es mir fast schwindlich wird.
Wie soll ein normaler Mensch diese ganzen Schwirle, Grasmücken,
Waldsänger, Spötter usw. auseinander halten? Und aussehen
tun sie alle sowieso (fast) gleich. Etwa nicht? Wie heisst dann
also der Vogel auf dem Foto rechts? Ist das ein Fitis, ein Waldlaubsänger,
ein Zilpzalp ein Gelbspötter oder noch irgendetwas Anderes?
Ich etscheide micht für , bin aber nicht sicher.
Eine
der Stimmen ist besonders kräftig und markant, die höre
ich schon immer von unserem Haus aus. Jetzt versuche ich mich ganz
leise an deren Besitzer heranzuschleichen. Ich komme immer näher,
die Stimme wird immer lauter, ich kann den Vogel aber nicht sehen.
Endlich ist er da. Ich schiesse ein Foto nach dem anderen, am Ende
werden es so um die 30, davon einige ganz brauchbar (Foto). Wer
ist das aber? Ich schlage meinen Vogelführer auf, finde aber
keine eindeutige Zuordnung. Am ehesten passt das Aussehen und die
Beschreibung der Stimme wohl noch zu einem Sumpfrohrsänger.
In der nächsten Nacht, sozusagen im Schlaf, fällt es mir
aber wie ein Blitz ein - es muss doch die Nachtigall gewesen
sein, von deren prachtvollen Stimme die Dichter und Sänger
schon seit jeher geschwärmt haben. Als ich dann aufwache und
nochmal in den Vogelführer schaue, stelle ich aber fest, dass
die Nachtigall rechts von der Weichsel gar nicht mehr auftritt!?
Na dann wird es wohl der Sprosser sein - ein Name der mir
bis jetzt fremd war und mit der Nachtigall nichts zu tun hat. Aber
nur im Deutschen, denn in anderen Sprachen so z.B. im Polnischen
(slowik szary = "graue Nachtigall"), Spanischen (Ruiseñor
Ruso = russische Nachtigall) oder Englischen (Thrush Nightingale
= Drossel-Nachtigall) wird der Sprosser richtigerweise als eine
(Zwillings)-Art von Nachtigall genannt.
Der
nächste Vogel, den ich jetzt höre und sehe, ist schon
einfacher zu bestimmen - es ist die Goldammer (Foto). Der
Volksmund übersetzt ihren für mich etwas eintönigen
und einfachen Gesang mit "Wie, wie hab ich Dich lieb".
Sie sitzt sehr exponiert auf einer Baumspitze und ist nicht sehr
scheu, so kann ich ziemlich nahe rankommen und sie gut fotografieren.
Ganz
anders ist es bei der "Grille", wie ich den nächsten,
unermüdlichen Sänger nenne. Sein monotones "Grrrr"
ist vom Weiten zu hören, nur lässt sich dieser kleine
Bodenbrüter, der ständig seinen Platz wechselt, nicht
"fassen". Weder mit dem Fernglas noch mit der Kammera.
Ich versuche ein paar Bilder zu machen, da sind aber mehr Zweige
und Blätter als Vögel darauf zu sehen. Ob es ein Rohr-,
Schlag- oder ein Feldschwirl ist, vermag ich nicht eindeutig zu
sagen, vermute aber, nachdem ich später die Stimme von einer
CD gehört habe, dass es sich um einen Schlagschwirl
gehandelt hat.
Weiter
geht's. Ich steige aus dem Gebüsch und gehe über eine
feuchte Wiese Richtung Bak, wie ich die Rohrdommel liebevoll
mit ihrem kurzen, polnischen Namen nenne. Warum sie gerade Bak heisst,
worunter die meisten Polen eigentilch "Bremse" verstehen
(aber keine Auto-bremse sondern den kleinen Insekten, der auch so
heisst), ist mir unklar, darüber mache ich mir jetzt aber keine
Gedanken. Ich gehe entlang eines Fischzuchtteiches, auf dem ein
paar Tafel- und Reiher-Enten, sowie Blässhühner
zu sehen sind und gelange zu einem relativ kleinen Sumpfgebiet,
das nicht einmal so groß wie ein halbes Fussballfeld ist.
Hier "wohnt" die Rohrdommel, irgendwo so gut in dem Schilf
versteckt, dass ich sie bis jetzt nicht entdecken konnte (Foto oben).
Auch nicht von einem Baum aus und nicht während ich etwa 2
Stunden lang, gut maskiert, am Ufer saß und nach ihr Ausschau
gehalten habe. Nur das tiefe "uh-WHUMP"ist immer wieder
zu hören. Als ich gleich am ersten Morgen nach der Ankunft,
heute vor einer Woche, hierhier kam, war die Stimme nicht zu hören.
So dachte ich schon, der Bak wäre dieses Jahr gar nicht da.
Ich fragte einen Bekannten aus dem Dorf danach und er meinte: "Doch,
der ist da, den habe ich dieses Jahr sogar schon einmal gesehen".
So ging ich am selben Tag am Abend nochmal hin, aber auch diesmal
war nichts zu hören. Enttäuscht wollte ich schon gehen,
so ertönte auf einmal doch das wohlbekannte "uh-WHUMP".
Etwas leise, fast schüchtern bzw. gelangweilt als wollte er
mir mitteilen: "O.k., ich bin noch da, habe aber jetzt keine
Lust, lass mich in Ruhe, komm ein andermal wieder" So bin ich
auch gegangen. Und als ich das nächste Mal kam, war die Stimme
wieder kräfiger und auch öfter zu hören. Nur gesehen
habe ich ihn nicht und das wird sich heute wohl auch nicht ändern.
Dafür ist mein alter Freund, der Drosselrohrsänger
(Foto) wie immer da. Es sind offenbar sogar zwei Männchen,
die sich das Revier teilen und unermüdlich abwechselnd das
laute "trr trr karra-karra-karra KRie-KRie-KRie trr trr KRie-KRie"
von sich geben. Und der kleine Teichrohrsänger singt
auch irgendwo im Schilf, allerdings nicht so laut und auffällig
wie seine beiden grossen "Brüder". Sein "trett
trett TIRri TIRRi trü trü Tie tre tre wi wü tre tre
trü trü TIRri Tiri" ist eher zurückhaltend und
schüchtern, er muss sich wohl damit begnügen, dass hier
die Drosseelrohrsänger die ersten Geigen spielen.
"Mein" Pirol-Pärchen höre ich heute auch.
Irgendwo da oben haben sie wahrscheinlich ihr Nest, ich konnte sie
oft hören, aber nur einmal und dazu nicht sehr gut fotografieren.
Die Kornweihe (Foto) ist auch wieder da. Noch ein paar Fotos
und dann heisst es schon: "Adieu meine Freunde, bis zum nächsten
Jahr, ich muss jetzt gehen".
Ich
drehe aber noch eine kleine Runde in dem an den Teich angrenzenden
Wald. Auf einmal stehe ich einem Reh gegenüber - 2 etwas verwunderte
Augen schauen mich eine ganze Weile an, ich habe genügend Zeit
mehrere Fotos zu machen. Schliesslich entscheidet sich das hübsche
Tier, doch lieber das Weite zu suchen. Im Gebüsch am Waldrand
"klappert es" unaufhörlich, ich werde neugierig und
will den Erzeuger dieses Geräusches sehen - es ist die
Klappergrasmücke (Foto), wie ich später anhand
meines Vogelführers feststelle.
Jetzt
muss ich aber wieder nach Hause. Unterwegs lasse ich mir noch die
Bilder der Woche durch den Kopf gehen: unsere Ausflüge zu den
Sümpfen bei Chelm (Bagna Serebryjskie - Foto unten), wo ich
den Seggenrohrsänger (Foto), die Bekassine (Foto),
Rebhühner, das Braunkehlchen (Foto), Mittelspecht
(Foto), und die Schafstelze (Foto) beobachten konnte, zu
den schönen Landschaften am Bug (Foto oben), wo es auch ohne
die Bienenfresser, die noch nicht angekommen waren, viel
Interessantes zu sehen gab, und in den Nationalpark Poleski Park
Narodowy (Hompage
(polnisch), Info
auf Englisch) mit seinen Kranichen (Foto oben), Rohrdommeln,
Wiedehopfen (Foto) , Wiesenweihen (Foto), Schilfrohrängern,
Schwarzstörchen u.a.
Am
nächsten Morgen ist es soweit. Ich schliesse das Haus, fahre
hinaus aus dem Grundstück, steige nochmal aus und mache das
Tor zu. Und schau mich zum letzten Mal in der Gegend um. Wo ist
eigentlich das "Abschiedskomitee"? Zum Empfang waren sie
da. Das Männchen hat sogar Musik gemacht, wenn mann das matallische
"krr" so nennen darf und das Weibchen für mich Fotomodell
gestanden. Heute fehlt aber das Fasanen-Pärchen. Na
ja, die werden bestimmt nicht sehr traurig sein, dass wir weg sind.
Genausowenig die Mönchgrasmücke, die Singdrossel und der
Buchfink, die wir beim Brüten gestört haben. Und all die
anderen Vögel, die hier verkehren. Endlich kehrt wieder Ruhe
ein.
Das
war's für den Frühling 2005. Das nächste Mal bringe
ich auf jeden Fall ein Tonbandgerät mit, damit ich diese ganzen
Schwirle, Laubsänger, Rohrsänger, Grasmücken, Pieper
und wie sie alle sonst noch heissen aufnehmen und dann besser bzw.
überhaupt voneinander unterscheiden kann.
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